Vom 5.-8. Mai, Donnerstag bis Sonntag, war die Welt zu Gast in unserer Kirchengemeinde.
Unsere Partnergemeinden in Hennef, Beverwijk und Nosislav haben kleine Delegationen zum Eurotreffen nach Guben geschickt. Alle mussten sich auf lange Reisen machen und waren den ganzen Donnerstag unterwegs nach Guben. Daher wurden unsere Gäste am Donnerstagabend mit anstrengendem Programm ‚verschont’ und nur mit einer Andacht begrüßt und auf ihre Unterkünfte bei Gemeindegliedern aufgeteilt.
Am Freitag ging es dann richtig los. Quartiergeber, Gäste und interessierte Gemeindeglieder haben sich den ganzen Tag über ausgetauscht über die Situation in unseren Gemeinden und über das Ober-Thema des Treffens „Glaube an der Grenze“. Zu beidem hatte jede Gemeinde eine Präsentation vorbereitet (mehr dazu weiter unten).
Der Samstag war mehr touristisch angelegt. Wir fuhren von der Klosterkirche aus mit Fahrrädern und Autos zum Kreuz der Begegnung an Oder und Neiße gegenüber von Ratzdorf auf polnischer Seite. Dort feierten wir unter schönem blauen Himmel einen deutsch-polnischen ökumenischen Gottesdienst mit Blasmusik. Die Pfarrerdichte war sehr hoch: 4 evangelische und 2 katholische Pfarrer waren aktiv am Gottesdienst beteiligt. Dieser Gottesdienst findet jedes Jahr statt, um das Kriegsende am 8. Mai 1945 feierlich zu begehen. Hoffentlich fahren nächstes Jahr wieder Boote von Ratzdorf aus ans andere Ufer. Dieses Jahr waren sie ganz kurzfristig abgesagt worden, was für einige Komplikationen sorgte.
Abends waren wir dann alle zur Sommermusik in der Pinnower Kirche und hörten ungewöhnliche, aber bezaubernde Musikstücke für Harfe, Cello und Orgel, gespielt vom Trio Cantabile aus Berlin. Der Tag klang aus in einem vom GBV Pinnow organisierten gemütlichen Gemeindeabend (vielen Dank!). In einem Zelt vor der Pinnower Kirche waren genug Köstlichkeiten für alle aufgebaut. Noch nach Sonnenuntergang leitete Frau Scheel Tänze an.
Beim Abschlussgottesdienst am nächsten Tag war der Chor mit dabei, so dass es sehr feierlich war. In der Predigt ging es um Johannes 15,27, wo Jesus sagt: Ihr seid meine Zeugen und darum, wie wir während des Eurotreffens füreinander Zeugen gewesen sind für das Wirken Gottes in unseren Gemeinden. Wir waren es durch die Geschichten aus unseren Gemeinden, die wir einander erzählt haben und durch die Bilder, die wir einander gezeigt haben. Die Hennefer haben uns z.B. ein Foto ihrer vielen Konfirmanden gezeigt: über siebzig in einem Jahrgang! Das ist doch ein handfestes Zeugnis dafür, dass es weitergehen wird mit unserer Kirche. Aber nicht nur im volkskirchlichen Westdeutschland, sondern auch im säkularisierten Tschechien. Die Bilder von gut gefüllten Kindergottesdiensten in Nosislav waren ermutigend.
Eine Zahl aus Holland war kaum zu glauben, aber wahr: Über 3 Millionen Niederländer haben sich 2015 die Passionsgeschichte als Musical und großes Fernsehspektakel angesehen unter dem Titel „The Passion“. Denn die Kirchen in den Niederlanden haben festgestallt, dass kaum einer noch genau weiß, worum es zu Ostern geht. Das ist seit 2011 anders, seit The Passion jedes Jahr aufgeführt und im Fernsehen ausgestrahlt wird.
Die Gemeinde Nosislav hatte den Mut zu einem großen Projekt: sie hat der tschechischen Diakonie ein Grundstück im Garten des Gemeindehauses gegeben, so dass ein Wohnheim für Menschen, die Betreuung brauchen, gebaut werden konnte. Diese Menschen leben nun in einem sehr guten Kontakt zur Gemeinde.
Das sind alles schöne Zeugnisse dafür, dass Jesu Botschaft weiter lebt. Aber Thema unserer Begegnungstage waren auch die Grenzen unseres Glaubens. Wir haben gesehen, dass wir alle auch auf Grenzen und Widerstände stoßen. Die Gemeinde Hennef z.B. muss jetzt ihren Kindergarten neu aufbauen, nachdem er durch Brandstiftung zerstört worden ist.
Die Gemeinde in Nosislav erfährt eine Grenze, wenn sie sich in der katholischen Umgebung immer noch mit den Vorbehalten gegen ev. Christen auseinandersetzen muss. Menschen, die gar nichts mehr mit der Kirche zu tun haben, aber noch wissen, dass ihre Familie früher katholisch gewesen ist, sind kaum dazu zu bewegen, eine evangelische Kirche zu betreten.
Die Gemeinde in Beverwijk hat uns beschrieben, wie nur noch wenige zur Kirche kommen. Sie sucht nun andere Wege, die Menschen zu erreichen und geht dann eben nach draußen, trifft sich z.B. zu Glaubensgesprächen im Café – und plötzlich interessiert sich auch die Kellnerin für das, was Christen zu sagen haben.
Auch von den Schwierigkeiten anderer Gemeinden zu hören, ist ein Zeugnis. Wir sehen, die andern haben es auch schwer, aber wir sind miteinander solidarisch. Und es inspiriert und ermutigt wieder, wenn man Beispiele hört, wie sie es doch wieder durch den Heiligen Geist schaffen, die Grenzen und Schwierigkeiten zu überwinden und auch fremde Menschen im Café auf einmal Interesse an Glaubensfragen finden.
Ihr seid meine Zeugen, sagt Jesus. Indem wir uns während des Eurotreffens Gutes und auch nicht ganz so Gutes aus unseren Gemeinden erzählt haben, sind wir Zeugen gewesen. Durch unsere Geschichten haben wir einander ermutigt, inspiriert und getröstet.
Nach dem Gottesdienst und einem letzten gemeinsamen Mittagessen im Andachtssaal des Wilkestifts hieß es dann nach vier intensiven Tagen: „Auf Wiedersehen!“
Dschin-u Oh